Seit dem 8. November heißt der Joachimsthaler Platz offiziell Grünfeld-Ecke, benannt nach der Familie des Kaufhausbesitzers und Gründungspräsidenten der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Heinrich Grünfeld. 1938 wurde sein Geschäft, das zwischen Kurfürstendamm und Joachimsthaler Straße stand, „arisiert“ und die Familie Grünfeld emigrierte nach Palästina. Der HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen erforschte die Geschichte der Familie und regte die Umbenennung an.
Zum Festakt kam die Enkelin von Heinrich Grünfeld und viele Familienmitglieder aus aller Welt. Es sprachen zudem HDE-Präsident Alexander von Preen, der Charlottenburg-Wilmersdorfer Stadtrat Oliver Schruoffenger und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe.
Am 9. November fand der stille Gedenkweg zur Erinnerung an den 85. Jahrestag der Novemberpogrome statt. Dazu rief der Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), dem Erzbistum Berlin und dem Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg auf. Die Teilnehmenden gedachten an den Beginn der Ausschreitungen vom 9. November 1938. Dabei offenbarten die nationalsozialistischen Machthaber ihren Antisemitismus in vollem Ausmaß. Jüdische Einrichtungen, Geschäfte und Synagogen wurden zerstört und Juden und Jüdinnen wurden im ganzen Deutschen Reich verhaftet, misshandelt und ermordet. An den Gräueltaten des nationalsozialistischen Regimes beteiligten sich weite Kreise der Bevölkerung, und nur wenige Stimmen erhoben sich dagegen.
Der Gedenkweg am Winterfeldtplatz, ©Fotograf: Walter Wetzler
Die Route führte vom Winterfeldtplatz über Nollendorf- und Wittenbergplatz, Tauentzien- und Kurfürstendamm zum Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße, durch Straßen, in denen sich früher mehr als einhundert jüdische Geschäfte befanden. An jeder der Stationen wurde ein Impuls und ein Grußwort gesprochen. Es wurden 500 bis 700 Menschen erwartet, die Polizei schätzte, dass sich dem Weg ungefähr 2.500 Menschen anschlossen, die zu einer sehr emotionalen Atmosphäre beitrugen.
Der erste Impuls stammte von Erzbischof Koch und das Grußwort vom Staatssekretär für Inneres, Christian Hochgrebe.
Am Wittenbergplatz sprach Monsignore Günther sowie der Gemeinderabbiner von Chabad Lubawitsch Yehuda Teichtal ein Gebet.
HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen an der Grünfeld-Ecke, ©Fotograf Walter Wetzler
Der nächste Halt war die am Vortag umbenannte Grünfeld-Ecke, vormals Joachimsthaler Platz. Dieser wurde zu Ehren der bedeutenden jüdischen Händlerfamilie Grünfeld, die dort an der Kreuzung zum Kurfürstendamm ein legendäres Geschäftshaus führte, umgewidmet. Hier war HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen für den Impuls verantwortlich, während der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, das Grußwort sprach. An der letzten Station, dem Jüdischen Gemeindehaus, begrüßte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde die Anwesenden.
HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen: „Mit dem Gedenkweg setzen wir ein wichtiges Zeichen gegen den wiedererstarkenden Antisemitismus, füllen gemeinsam die Worte ‚Nie wieder‘ mit Leben und erinnern an die Gräueltaten der Novemberpogrome 1938 an jüdischen Handelsgeschäften und ihren Inhabern in Berlin.“
Erinnerungstafel am Wegesrand, ©Fotograf Walter Wetzler
Trotz der aktuell verfahrenen Situation im Tarifgespräch schlossen sich dem Aufruf auch Mitglieder der Gewerkschaft ver.di, um die Fachbereichsleiterin Handel für Berlin und Brandenburg Conny Weißbach, an. Gemeinsam wurde am Wegesrand mit Gedenktafeln an die mindestens 119 Einzelhandelsgeschäfte und deren jüdischen Inhaberinnen und Inhaber erinnert, die der fanatischen Gewalt ausgesetzt waren. Welche Schicksale und Geschichten hinter dieser Zahl stecken, lässt sich heute nicht mehr vollständig rekonstruieren.
An der Fasanenstraße wurde unser Demonstrationszug vom Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Berlin Gideon Joffe begrüßt. Landesbischof Christian Stäblein setzte den finalen Impuls.